Der Männergesangverein 1845 Bad Muskau und die Töpfer
Helga Heinze/ Holger Klein
Der im Jahre 1845 in Muskau gegründete Männergesangverein hat bis heute ein sehr bewegtes Vereinsleben. Bis 1945 ist die Geschichte in drei Chroniken, einem Protokollbuch und einem Mitgliedsbuch festgehalten. Das früheste Statut stammt aus dem Jahr 1859 und beinhaltet 15 Paragraphen. Unterschrieben haben es damals 54 Mitglieder sowie Kantor Carl Friedrich Huhn, der damalige Dirigent des Chors. Die III. Chronik – ab 1925 durch Sattlermeister Richard Noack geführt – ging zusammen mit dem Mitgliedsbuch in der Wohnung des letzten Schriftführers Norbert Kurzweil in den Kriegswirren des Jahres 1945 verloren. Doch ist es Richard Noack gelungen, die noch vorhandenen Informationen in eine nachgearbeitete Chronik nach bestem Wissen aufzunehmen.


I. und II. Protokollbuch des Männergesangvereins 1845
Ein Blick in die drei Chroniken zeigt, dass das Vereinsleben nicht nur aus Versammlungen und Singstunden, sondern auch aus Treffen, Ausflügen und Vergnügungen bestand. Viele Konzerte veranstaltete der Chor damals meist im gut besuchten Muskauer Kur- und Badepark – dem Hermannsbad.
Aufgrund der Mitgliedschaft im 1863 gegründeten Niederlausitzer Sängerbund fand der erste Sängertag 1864 in Muskau statt. Das aus diesem Anlass gebildete Festkomitee hatte alle Hände voll zu tun. Die mit Girlanden und Fahnen geschmückte Stadt begrüßte am
14. August ihre Gäste. Nachmittags um 16 Uhr: „Antritt der „289 Sänger u. ein Gastverein aus Guben 7 Mann mit seinem Dirigenten schlossen sich dem Festzuge an nach dem Conzertplatz im Badepark.“2 Dieses Sängertreffen ist deshalb interessant, weil der Freundeskreis Historica im Frühjahr 2020 in den Besitz eines Bierkrugs mit der Aufschrift „Sängertag Muskau 1864“ gelangte. Dieser salzglasierte Steinzeugkrug könnte ein Geschenk des Vereins Liedertafel aus der nahegelegenen Stadt Triebel (heute Trzebiel/PL) oder des Vereins Liedertafel aus Forst gewesen sein. Solche grauen Gefäße mit blauer Bemalung waren typisch für die Stadt Triebel und die umliegenden Töpferorte Teuplitz (heute Tuplice/PL) und Jocksdorf (heute Jagłowice/PL).
Vom Verein Concordia aus dem Töpferdorf Tschöpeln (heute Czaple/PL) erhielten die Muskauer Sänger zum 50. Jubiläum 1895 ebenfalls einen „thönernen Humpen,“3 der aber nicht mehr erhalten ist.


Krug, Steinzeug, Aufschrift „Sänger Tag Muskau 1864“, mutmaßlich Triebeler Erzeugnis
Linke Kanne, Steinzeug, Aufschrift „Sängerbier Loebau 1862“, Muskauer Erzeugnis
Da Muskau auf eine fast 400-jährige Tradition des Töpferhandwerks zurückblicken kann, ist es nur verständlich, dass sich mehrere Töpfermeister – wie beispielsweise Paul Pfitzinger – als Sänger in den Verein einbrachten. Bei den Recherchen zum Buch „Muskauer Steinzeug“ fiel den Autoren im Jahr 2014 im Museum Bautzen eine Kanne aus dem Altsammlungsbestand auf. Sie besteht aus braunem salzglasiertem Steinzeug mit schwarzblauem Malhorndekor und zeigt somit eindeutige Merkmale Muskauer Produktion des 19. Jahrhunderts. Ihre Form erinnert mit dem aus dem Hals geformten Ausguss an eine Muskauer Spezialität – die sogenannten Wiener Weinkannen. Allerdings weist die Oberfläche Tonblasen auf, die von überhöhter Temperatur im Ofen und damit von schlechter Qualität zeugen. Diese Kanne – für den bestimmten Zweck hergestellt – musste auch mit Schönheitsfehlern ihr Ziel erreichen. Die Frage zur Aufschrift „Sängerbier Loebau 1862“ beantwortet das Protokollbuch des Männergesangvereins, wonach dessen Mitglieder im August 1862 am großen Oberlausitzer Gesangfest in Löbau teilnahmen. Zuvor sammelten sie Geld, um für 33 Taler eine Sängerfahne anschaffen und sie erstmalig in Löbau präsentieren zu können. „So reisten die 25 Sänger mit ihrem Dirigenten und der neuen Fahne mittelst zwei Fuhren nach Löbau.“4 Der Festplatz am Honigbrunnen war mit ca. 1.500 Sängern gefüllt. Die Ausgaben der Fahrt für zwei Fuhrwerke und die Festnoten betrugen 23 Taler und 17 Silbergroschen. Die Sängerbier-Kanne aus einheimischer Produktion – sicher von Töpfermeister Paul Pfitzinger hergestellt – brachten die Muskauer mit nach Löbau.


Krug, Steinzeug „1845-1965 Bad Muskau“
Gefäß, Steinzeug, blauer Pinseldekor, 1980
„135 Jahre Männerchor Bad Muskau“
Sowohl zum 120. Jubiläum des Muskauer Männergesangvereins im Jahr 1965, als auch zum 130. im Jahr 1980 stellte die Töpferwerkstatt Pfitzinger besondere Steinzeuggefäße mit Widmung her. Seit 1973 führte Paul Pfitzingers Urenkel Andreas als frischgebackener Meister die Töpferei in der Schmelzstraße weiter. Zudem gehörte auch er lange Zeit dem Männerchor an.
Die Erinnerungskrüge für die Sängervereinigung Rastislav aus dem tschechischen Blansko, die im Jahr 1984 in Muskau weilte, bestanden zwar noch immer aus Keramik, doch stellte sie eine Werkstatt im Nachbarort Krauschwitz durch modernes Gießverfahren her.5 Im Jahr 2025 feiert der Männergesangverein 1845 immerhin sein 180. Jubiläum. Wir sind gespannt, was für ein Erinnerungsgeschenk es diesmal geben wird.
Quellen:
1 I. Chronik des Männergesangvereins 1845.
2 ebenda.
3 II. Chronik des Männergesangvereins 1845
4 I. Chronik des Männergesangvereins 1845.
5 Informationen von Franz Klenner, Vereinsvorsitzender.